Seit längerem tobt um uns herum metaphorisch der Sturm. Ich weiss nicht, wie es dir geht, aber ich ziehe mich bei stürmischem Wetter üblicherweise in meine eigenen vier Wände zurück. Dann trinke ich erstmal eine Tasse Tee. Für gewöhnlich hilft es in solchen Fällen nicht, wenn ich wie gebannt und verängstigt aus dem Fenster starre.
Der Sturm legt sich dadurch weder schneller noch langsamer.
Selbstverständlich konsultiere ich dennoch ab und an den «Wetterbericht», um mich mit Hilfe der Prognose auf die nächsten Tage oder Wochen mental und vielleicht auch rein praktisch einzustellen. Da solche Stürme saisonal bedingt immer wiederkehrend sind, lohnt es sich sein Zuhause zweckmässig einzurichten. Damit meine ich nicht nur eine gemütliche Wohnung, sondern auch unser inneres Gedankengebäude.
Zu Beginn einer Schlechtwetterperiode finden es die meisten Leute noch recht angenehm, sich ins eigene Schneckenhaus zurückzuziehen und die Füsse von sich zu strecken. Erst im Laufe der Zeit entwickeln wir ein Gefühl dafür, ob wir uns mit uns selbst in guter Gesellschaft befinden oder ob wir unsere Schlechtwetterlaune anderen in die Schuhe schieben wollen.
Ich denke in solch einer Situation ist es hilfreich zu wissen, wie man einen klaren Kopf bewahren kann. Du kennst vermutlich die Geschichte mit den drei Schweinchen. Nur das Haus, das auf Stein gebaut ist, vermag der böse Wolf nicht umzupusten.
Unser Gehirn mag solche Metaphern. Sie entlasten es vom abstrakten Denken.
Sie füttern unsere Welt- und Menschenbilder, welche unser Denken und Handeln mehr steuern als all unser angelerntes Wissen. Aus der Glücksforschung wissen wir, dass nebst genetischen Faktoren unser Wohlbefinden zu einem Grossteil von unseren Denkgewohnheiten abhängig ist. Äussere Umstände üben auf unser Innenleben deutlich weniger Einfluss aus. Damit soll nicht die erdrückende Last klein geredet werden, die von aussen auf uns einwirken kann. Die Metapher zeigt aber, dass wir uns im Falle höherer Gewalt oftmals nur in Geduld und im Kultivieren unserer Gedanken üben können, damit der Sturm nicht in uns selbst tobt. Ein hilfreicher Gedanke ist beispielsweise, dass wir den Mut aufbringen dürfen um Hilfe zu bitten, wenn uns dies allein nicht gelingt.
(erschienen im Magazin «Die Ostschweiz», No. 1 / 21)
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